Fast kein Designer kommt früher oder später um das Thema Uhr herum – zu gross ist die Verlockung, ein Kultobjekt schaffen zu können. Erst recht in Italien, dem Land der Uhrennarren.
Der italienische Designer Giuliano Mazzuoli konnte sich die Uhr auch nicht verkneifen. In den frühen siebziger Jahren hatte er von seinem Vater eine Firma übernommen, die für die Florentiner Lederhersteller Adressbucheinlagen und andere Spezialitäten aus Papier herstellte. Der Sohn modernisierte, krempelte um und erweiterte das Sortiment. Der grosse Wurf gelang ihm in den Neunzigern mit einer Agenda, die wegen ihrer Gestaltung innovativer und cooler war als andere auf dem Markt. Selbst das legendäre New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) liess von Mazzuoli Agenden auf Mass designen und produzieren. Kurz nach der Jahrtausendwende folgte eine Kollektion von Schreibinstrumenten – auch sie wurden Kult. Besonders natürlich der „Moka“-Stift, in seiner Form den italienischen Espressomaschinen nachempfunden (ja, denen aus Aluminium, an denen man sich so gerne verbrennt).
Er designe seine Objekte nicht – er begegne ihnen sagt der verschmitzte Italiener von sich. So sei die „Moka“-Linie aus einem Gekritzel während eines Telefongsprächs entstanden, und erst später habe er die Assoziation zu den säuberlich aufgereihten Kaffeemaschinen in der Küche seiner Grossmutter gehabt.
Die Inspiration: Ein Blutdruckmessgerät
Und dann eben die Uhr. Während Jahren hatte er an Uhrendesigns herumstudiert, Magazine und Kataloge zuhauf verschlungen. Ideen gehabt und wieder verworfen. Mazzuoli kam zum Schluss, dass ihn alle diese Quellen letztlich nur daran hindern würden, etwas wirklich neuartiges zu machen. Kurzerhand entsorgte er das gesammelte Material. Erst Jahre später „begegnete“ er seiner Uhrenvision – in Form eines Manometers, eines Instruments, das den Druck misst. Die Legende sagt, dass die Erleuchtung beim Anblick eines Blutdruckmessgeräts kam. Manometer gibt es aber beispielsweise auch – und wieder schliesst sich ein Kreis – bei Kaffeemaschinen.
Der Manometro (Bild oben) war in der Folge bald geboren. Mit ihrem unverwechselbar reduzierten Gehäuse und dem klar gestalteten sehr gut ablesbaren Zifferblatt fand die Uhr bei Italiens Prominenz auf Anhieb eine exklusive Fangemeinde, man riss sich förmlich um das begehrte Teil. Agnelli-Erbe und Lebemann Lapo Elkann trägt eine, der Modedesigner Roberto Cavalli, der Fussballer Roberto Biaggi. Der Kult war lanciert. Während der Arbeiten an seinem Uhrenprojekt entdeckte Mazzuoli übrigens, dass einer seiner Vorfahren ein Turmuhrenbauer war – so kann sich der smarte Designer sogar rühmen, eine Familientradition weiterzuführen. Und dies nicht etwa im Jura, sondern eben in der Toskana.
Made in Italy
Die Uhr wird in Italien gefertigt (in der Toskana, präzisiert der Vollblut-Toskaner Mazzuoli), beim Werk allerdings greift man auf bewährte und zuverlässige Mechanik aus dem Schweizer Haus ETA zurück. Zum Einsatz kommt das automatische ETA 2824-2 in seiner gepflegten Ausführung. Das stattliche Gehäuse mit einem Durchmesser von 45 mm und einer Höhe von knapp 15 mm wird von Hand gefertigt und besteht aus gebürstetem oder poliertem Edelstahl. Speziell ist die Anordnung der Krone – meist ist diese bei Uhren im rechten Winkel zum Band angebracht, beim Manometro ist sie entweder bei 2 oder aber – für „Rechtsträger“ bei 10 Uhr angebracht. Die Zifferblätter gibt es in den Farben schwarz, weiss, elfenbein oder blau.
Der Erfolg verlieh Mazzuoli Flügel und inspirierte ihn weiter. 2007 wurde der Manometro um einen Chronographen ergänzt, in einem beinahe identisch aussehenden Gehäuse, mit elegant und clever integrierten, fast versenkten Drückern für die Stoppuhrfunktionen. Von „normalen“ Chronographen unterscheidet sich der von Mazzuoli auch noch durch die asymmetrisch angeordneten Hilfzifferblätter.
Auch bei den Gehäusen kreierte er Variationen: Der Manometro S (S für Sport) ist in einer limitierten Serie mit einem vollständig aus Carbon gefertigten Gehäuse und einer Titankrone erhältlich. High Tech pur.
Der Tourenzähler
Aus dem Hintergrund als ehemaliger Hobby-Rennfahrer wurde das nächste Modell lanciert. Mazzuoli fuhr in den siebziger Jahren mit den legendären Alfa Romeo GTA auf Rennkursen um die Wette – neben den Konkurrenten gab es da vor allem den Tourenzähler im Auge zu behalten. Und eben dieser Tourenzähler, der „Contagiri“ stand Pate für die Uhr dieses Namens. Der Designer nennt übrigens auch eine hübsche Sammlung von mehreren alten Alfas sein eigen. Die Krone fehlt vollends – aufgezogen und eingestellt wird die Uhr über die markante Lunette, die vorher entriegelt werden muss.