Ludwig Oechslin hat mit seinem „Astrolabium“ Ulysse Nardin 1985 zurück auf die Weltbühne der Uhrenhersteller gebracht. Eine Konsequenz aus diesen Entwicklungen ist nun die an der Baselworld 2009 präsentierte „Planet Earth“. Ein Zeitobjekt, das uns wirklich zum Staunen brachte.
Planet Earth – die Zeitmaschine von Ulysse Nardin
Als Rolf Schnyder 1983 die Firma Ulysse Nardin übernahm, stand es schlecht um den Betrieb. Um die Traditionsmarke auf dem Markt neu zu lancieren, war ein Geniestreich gefragt. Dieser folgte, als Schnyder bei einer Visite im Atelier des Luzerners Jörg Spöring ein Astrolabium entdeckte, eine grosse, komplizierte astronomische Uhr. Deren Erbauer war Spörings Lehrling, ein gewisser Ludwig Oechslin. Erst mit 24 Jahren hatte dieser – nach einem abgeschlossenen Studium in Archäologie, Geschichte, Latein und Griechisch – seine Uhrmacherlehre begonnen, fasziniert von der Komplexität der Mechanismen. Schon bald nach Lehrbeginn wurde er in den Vatikan gesandt, um die mehr als 250 Jahre alte „Farnese Uhr“ zu reparieren und zu restaurieren. Bei dieser Arbeit lernte er enorm viel über Funktionsweise und Konstruktion und ihren wissenschaftlichen Hintergrunde. Im Anschluss hängte er noch Studien in Astronomie, Philosophie und Wissenschaftsgeschichte an, die er 1983 an der Universität mit einem Doktortitel abschloss. Oechslin wurde zum anerkannten Experten für astronomische Zeitmesser vom 16. bis 18. Jahrhundert.
Die Planet Earth von oben
„Wer soll ein Interesse daran haben, das kaufen?“ war Oechslins Antwort auf Schnyders Frage, ob er ein Astrolabium als Uhr fürs Handgelenk entwickeln könne. Der Funke zwischen dem Unternehmer Schnyder und dem Wissenschaftler und Entwickler Oechslin sprang sofort, und Oechslin entwickelte in der Folge für Ulysse Nardin eine Uhr, die für mehrere Einträge im Guiness Buch der Rekorde sorgen sollte. 1985 wurde das Astrolabium Galileo Galilei an der Basler Uhrenmesse vorgestellt und war das Gesprächsthema. Die extrem komplexe Uhr zeigt neben der Lokalzeit die Sonnenzeit, den Lauf und die Finsternisse von Sonne und Mond sowie die Position bestimmter Fixsterne. Es dient zudem auch noch der Bestimmung der Himmelsrichtungen und der Jahreszeiten, der Bewegung des Tierkreises.
Das Astrolabium (hier das Modell in Platin) bildete eine der Grundlagen für die Planet Earth
Die Trilogie der Zeit
Doch das Astrolabium bildete nur den Anfang – es sollte eine ganze Trilogie astronomischer Armbanduhren folgen. Dr. Oechslins Tetendrang war kaum zu bremsen, und Schnyder stellte die notwendigen Kapazitäten und Mittel zur Verfügung. Der zweite Streich war 1988 das Planetarium Copernicus. Es kombiniert das ptolemäische Weltbild mit der Erde im Zentrum woei das heliozentrische Weltbild von Copernicus mit der Sonne im Mittelpunkt des Universums. Abgelesen werden können die exakten Positionen der Planeten in Relation zur Sonne und zur Erde. Der Mond rotiert um die Erde, und auf einem ewigen Kalender werden die Monate sowie die Zeichen des Tierkreises angezeigt.
Vollendet wurde die Trilogie 1992 mit dem Tellurium Johannes Kepler. Dieses Meisterstück der Uhrmacherei stallt die Rotation der Erde in ihrer exakten geographischen Form dar, wie sie vom Nordpol aus zu sehen ist. Immer ablesbar sind die Kontinente, die Ozeane und die Weltzeit auf einem Zifferblatt, das in der alten „Emaille-Cloisonné“-Technik gefertigt wird. Eine flexible Feder beschreibt einen Bogen und zeigt damit den von der Sonne beschienenen Teil der Erde, neben dem Ort und der Zeit des Sinnenauf- und Untergangs. Der Mond kreist im Gegenuhrzeigersinn um die Erde, mit seiner beleuchteten Seite jederzeit der Sonne zugewandt. Ein Drachenzeiger gibt Sonnen- und Mondfinsternis an.
Die Trilogie der Zeit heimste viele Preise ein und erhielt feste Plätze in den Vitrinen und Tresoren der weltweiten Uhrensammlergemeinde.
Planet Earth – die geniale Tischuhr
An der Baselworld 2009 präsentierte Ulysse Nardin die Tischuhr „Planet Earth“. Sie ist eine faszinierende dreidimensionale Darstellung der Erde im Universum, die die genaue Position der Erde im Verhältnis zu Sonne, Monde und den Fixsternen zeigt. Für diejenigen, die ein gewisses Mass an astronomischem Grundverständnis und -wissen haben – wie dies schon bei den Modellen der Trilogie der Zeit der Fall ist.
Die Erde wird repräsentiert durch die transparente Kugel aus Kristallglas mit den aufgemalten Konturen der Kontinente. Die Kugel ist fix – im Innern hingegen präsentiert sich eine weitere Kristallkugel, die das Modell des Universums aus Sicht der Erde darstellt. Sie dreht sich in der Geschwindigkeit eines Sternentags, also 23 Stunden, 56 Minuten und 4 Sekunden. Sichtbar sind die Tierkreiszeichen, eine Monatsskala und die wichtigsten Fixsterne.
Ein grosser Sonnenzeiger (im Bild obern auf der rechten Seite) dreht sich aus dem Zentrum heraus. Er zeigt jeweils diejenigen Teile der Erde, die gerade von der Sonne beschienen werden. Der Mondzeiger (im Bild auf der linken Seite, im unteren Bild im Detail) macht in 24 Stunden, 52 Minuten und 42 Sekunden eine Umdrehung und zeigt, von welchem Teil der Erde aus der Mond gerade sichtbar ist.
Ein weiteres wichtiges Element ist der Drachenzeiger (der auch schon im Astrolabium eine wichtige Rolle spielt). Dieser blaue Zeiger dreht sich in 18’613 (ja, achtzehntausendsechshundertdreizehn) Jahren einmal schneller als die innere Glaskugel (diejenige mit den Fixsternen und den Tierkreiszeichen). Seine Aufgabe ist es, in Verbindung mit dem Sonnen- und dem Mondzeiger alle Sonnen- und Mondfinsternisse anzuzeigen. Für Normalsterbliche sind diese Zusammenhänge bereits schwierig zu begreifen – wie meisterlich ist erst die Leistung, dies in ein solches Modell umzusetzen.
Die Tierkreiszeichen sind auch nachts gut sichtbar, dank des Einsatzes von Superluminova
Die Planet Earth kann aber auch noch die ganz normale Tageszeit anzeigen, dies mit einer Uhr, die in den an ein Gehäuse eines Marine Chronometers erinnernden Sockel integriert ist. Das Zeitobjekt wird von Hand aufgezogen und verfügt über eine komfortable Gangreserve von 30 Tagen. Sollte der glückliche Besitzer (oder sein Personal) das Aufziehen einmal vergessen, so kann die Planet Earth über einen Drücker unterhalb der inneren Kugel einfach wieder auf die aktuelle Zeit eingestellt werden, inklusive aller synchronisierten astronomischen Anzeigen.
Einblick in einen Teil der faszinierenden Mechanik. Gut sichtbar die Jahresanzeige, die es auch dem Laien ermöglicht, die Zeitmaschine richtig einzustellen.
Der noble Aufzugsschlüssel – gut sichtbar auch der perfekte Finish des Sockels aus Mahagoni, ganz in der Tradition der alten Deckschronometer von Ulysse Nardin.
Die in den Sockel integrierte Uhr
Die Gangreserveanzeige – 30 Tage läuft die Zeitmaschine, wenn sie vollständig aufgezogen ist.
Die einmalige Zeitmaschine ermöglicht es, das Universum auf seinen Schreibtisch zu stellen. Dies muss man sich einerseits leisten können (Preise geben wir auf Anfrage gerne bekannt) und man muss auch rasch genug reagieren, denn es werden nur 99 Exemplare hergestellt.