Die Legacy Machine Nr. 1 von MB&F ist Uhrmacherkunst pur. Selten hat jemand die Tradition mit der Moderne so gekonnt verschmolzen.
Max Büsser ist einer der herausragendsten „jungen Wilden“ der modernen Uhrmacherei. Geschichte schrieb er zuerst mit den Opus-Kreationen für Harry Winston, die während sieben Jahren unter seiner Leitung entstanden und mehrfach preisgekrönt wurden. Die logische Folge war dann sein Projekt Max Büssser & Friends, bei denen der Vollblutunternehmer Max Büsser seit 2005 als Kreativdirektor die Crème de la crème von Uhrmachern, Designern und Tüftlern um sich versammelte, um so genannte „Horological Machines“ zu produzieren. Vier verschiedene Modelle wurden bis heute realisiert, die Nummern 1 – 4, jeweils in verschiedenen Variationen. Eine verrückter und extremer als die andere (Tick different berichtete unter anderem über den „Flying Panda“ für die Only Watch-Auktion).
Legacy Machine No. 1 in Rotgold
Für sein neuestes Projekt tat sich Max Büsser nun mit zwei weiteren Grössen der Uhrmacherei zusammen. Der Finne Kari Voutilainen ist in der Uhrenwelt seit Jahren ein Begriff, und Preisträger des Grand Prix d’Horlogerie de Genève. Seine sehr konservativen Kreationen zeichnen sich durch pure Perfektion aus und gelten unter Uhrensammlern als etwas vom Begehrenswertesten. Entsprechend lang sind die Wartefristen für eine Uhr aus Karis Atelier. Der andere Uhrencrack, der ins Projekt involviert wurde, ist Jean-François Mojon, der mit seinem Team von Chronode in den letzten Jahren für viel Aufsehen sorgte. Auch er erhielt den Grand Prix d’Horlogerie. Unter anderem konstruierte Mojon die Opus X für Harry Winston, aber auch für Urban Jürgensen – dies noch in Zusammenarbeit mit dem leider verstorbenen Peter Baumberger – die erste Chronometerhemmung für eine Armbanduhr oder für die junge Marke Cyrus die revolutionäre „Klepcys“ mit einer noch nie dagewesenen dreidimensionalen Mondphase und einem einmaligen retrograden Kalender.
Trio Infernale: Kari Voutilainen, Max Büsser und Jean-François Mojon
Legacy Machine Nr. 1 heisst das neueste Werk aus Büssers Küchenlabor. Legacy steht für Tradition und Vermächtnis. An Anleihen bei der traditionellen Uhrmacherei fehlt es wahrlich nicht – und wohl noch nie hat jemand die Tradition mit der modernen Uhrmacherei so gekonnt verschmolzen. Das Resultat ist eine der faszinierendsten Uhren der letzten Jahren. Rund, mit 44 mm Durchmesser schon fast zierlich für eine MB&F, mit einem stark gewölbtem Saphirglas, das eine eigentliche Kuppel bildet.
Die Legacy Machine No. 1 in Rotgold in einer spektakulären Ansicht.
Büsser erläutert die Motivation für die Uhr so: „Was wäre eigentlich passiert, wenn ich 1867 geboren wäre und nicht 1967? Im 19. Jahrhundert wurden die ersten Armbanduhren gebaut. Ich hätte den Wunsch verspürt, dreidimensionale Zeitmessmaschinen zu bauen, aber ich hätte keine Science-Fiction-Figuren oder Kampfjets als Inspiration gehabt. Dann wäre ich eben von den Taschenuhren dieser Zeit beeinflusst worden, vom Eiffelturm und Jules Verne. Wie hätte meine Maschine im Jahr 1911 dann ausgesehen? Die Legacy Machine N° 1 – rund und doch dreidimensional – ist die Antwort.“
Pure Mechanikpoesie: Das Werk der Legacy Machine No. 1
Beim Werk der LM 1 zogen Mojon mit seinem Team von Chronode und Kari Voutilainen alle Register. Es verfügt über zwei Zeitzonen, die voneinander vollkommen unabhängig sind. Angezeigt werden die Zeiten auf zwei kleinen, ultratraditionellen gewölbten, mehrfach lackierten Zifferblättern, fein umrahmt von Goldrändern und unsichtbar montiert, mit kleinen gebläuten Zeigern. Über allem thront die riesige, mit nur 2,5 Hz schwingende Unruh mit Breguet-Spirale. Sie ist aufgehängt an einer Brückenkonstruktion, die alleine einen Architekturpreis erhalten müsste – Santiago Calatrava hätte seinen Hut gezogen. Sie schwebt als zentralstes Element regelrecht über dem Werk. Büsser nennt den Eifeltumrn als Inspirationsquelle für die Brückenform. Hinter diesem Design steckt das Genie Eric Giroud, der auch schon bei den Horological Machines involviert war, und bei vielen anderen grossartigen Konstruktionen der „Nouvelle horlogerie“.
Die Seitenansicht zeigt die Dreidimensionalität der Uhr sehr schön.
…und weil’s so schön ist, gleich noch ein wenig grösser.
Ein weiterer Blickfang ist die noch nie dagewesene geniale dreidimensionale Gangreserveanzeige, die ein wenig an ein antikes Katapult erinnert. Büssers Inspiration war hier ein Sextant.
Gangreserve in 3D
Das Basiswerk mit Handaufzug könnte traditioneller nicht sein: Geschwungene Brücken „à l`ancienne“, perfekt anglierte Kanten, phantastisch ausgeführte Genfer Streifen sprechen Voutilainens unverkennbare Handschrift. Um das alles noch zu toppen sind die Steine in prächtigen Goldchâtons eingefasst, wie seinerzeit bei den schönsten klassischen Taschenuhrwerken. Die Gangreserve beträgt 45 Stunden, die Unruhe schingt mit 18’000 Halbschwingungen pro Stunde so langsam wie früher. Das Werk besteht aus nicht weniger als 279 Einzelteilen.
Finition à l’ancienne von Kari Vouitilainen
Die 14 mm grosse Unruhe mit Breguet-Spirale schwingt mit der Traditionsfrequenz von 2,5 Hz.
Die Profilansicht zeigt die Uhr in ihrer ganzen Schönheit
Auch in der Weissgold-Ausführung ist die Legacy Machine No. 1 umwerfend.
Unser persönliches Fazit: Bei der Legacy Machine No. 1 noch sachlich zu bleiben, fällt uns schwer. Schöner kann man Tradition und Moderne nicht verschmelzen. Was Büsser und seine Freunde hier präsentieren, ist schlicht und einfach perfekte Uhrmacherkunst. Die in Weissgold oder Rotgold erhältliche Uhr kostet 79’000 CHF. Das ist natürlich sehr viel Geld – aber in Relation gesetzt zur Exklusivität der Fertigung, zur Originalität der Umsetzung ein sehr fairer Preis. Vor allem wenn man ihn mit den Mainstream-Tourbillons grosser Manufakturen aus grossen Gruppen vergleicht. Wenn Sie ein richtig gut genährtes Sparschwein haben: Eine Legacy Machine Nr. 1 ist wohl einer der besten Gründe, es zu schlachten. Und braucht erst noch weniger Platz als ein Oldtimer in der Garage.
Der Film zum Meisterwerk:
LEGACY MACHINE N°1 from MB&F on Vimeo.