Lange war es still um die Firma Ventura. Trotz sehr innovativen Ansätzen und Produkten wie der ersten automatischen Digitaluhr und markanten Designs ging sie 2007 mit einigen Nebentönen in Konkurs, mitten im grossen Uhrenboom (Tick different berichtete).
Doch nun meldet sich Ventura-Gründer Pierre Nobs zurück, und das mit einem eigentlichen Paukenschlag. Er hatte Ende 2009 die Möglichkeit, die Markenrechte und die Uhren und Komponenten der Konkursmasse wieder zu erwerben. Damit konnten in einer ersten Phase noch bestehende Modelle produziert und verkauft werden, was für ein wenig Cashflow sorgte. Zudem fand er Investoren, die bereit waren, Kapital für neue Entwicklungen einzuschiessen.
Im Vorfeld der Uhrenmesse Baselworld präsentiert ventura ein neues, äusserst innovatives Modell namens Sparc MGS. MGS steht für Micro-Generator-System. Dieses besteht aus mehreren, mechanisch sehr anspruchsvollen Komponenten. Ein Rotor, wie man ihn aus einer mechanischen Armbanduhr kennt, wird durch die Bewegungen des Trägers in Schwingung versetzt. Diese Schwingungen spannen über ein Wechselgetriebe eine Federkonstruktion (ein so genanntes „Barillet“), die wiederum ihre Spannkraft rund 17’000 mal auf einen Mikrogenerator entlädt. Speziell daran ist, dass die Feder spiralförmig ist, im Gegensatz zu den sonst in Federhäusern verwendeten Aufzugsfedern. Dieser Generator sendet Stromfunken und lädt damit einen Akku. Damit ist die Stromversorgung des digitalen Multifunktions-Uhrwerks gesichert.
Zurück mit einem Paukenschlag: Die Ventura Sparc MGS ist eine echte Neuheit.
Das Ganze ist, wie immer bei Ventura, sehr modern verpackt. Das Gehäuse erinnert an die letzten Modelle der v-tec alpha-Serie, die noch von Hannes Wettstein entworfen wurden, dem leider 2008 verstorbenen grossartigen Designer und Gestalter. Charakteristisch war daran der „Wettstein-Knick“, der für eine sehr gute Ergonomie sorgte. Diesen Knick hat man nun neu interpretiert. Er ist aber nicht einfach Designelement, sondern unabdingbar für den Tragekomfort der neuen Uhr. Sie zeigt auf der unteren Hälfte das grosse Display, auf der oberen in einem Sichtfenster aus Saphirglas den drehenden Rotor. Die Uhr ist zwar gross, aber dank des Knicks sehr gut tragbar, wie sich der Schreibende selber überzeugen konnte. Und sie ist nicht weniger als ein echter Meilenstein in der Uhrenarchitektur.
Dank dem „Wettstein-Knick“ trägt sich die Uhr sehr gut auf dem Handgelenk
Gleichzeitig lanciert Ventura die v-tec Alpha II. Ihr 2003 vorgestellter Vorgänger war, wie jetzt die sparc MGS, wegweisend. Sie führte damals das „Easy Scroll“-System ein, mit dem die Uhr über ein kleines Rad bedient wird. Damit war eine sehr intuitive Bedienerführung möglich geworden, mit Drehen und Klicken konnten sämtliche Funktionen wie Stoppuhr, Wecker, Countdown und zweite Zeitzone angewählt werden. In der neuen Generation kommt dieses Scrollrad wieder zum Einsatz. Es bedient jetzt ein völlig neues Modul, das von Ventura in Zusammenarbeit mit der Firma Dynatronics enwickelt wurde, einer renommierten Mikroelektronik-Spezialistin im zürcherischen Uster.
Die LCD-Anzeige ist, wie beim Vorgängermodell, zweizeilig. Allerdings wird jetzt in der oberen Zeile die Zeit viel grösser angezeigt, und die Zusatzfunktionen in der zweiten Zeile heben sich klar ab. Speziell ist die Typographie des etwas technoid „Twisted Nematic Field Effect LCD“ genannten Displays. Denn niemand geringerer als der legendäre Schriftenguru Adrian Frutiger hatte Nobs schon bei der Gestaltung der ersten Version der Digitalschrift geholfen. „Unsere Displays haben enorm viele LCD-Segmente, viel mehr als das bei herkömmlichen Anzeigen der Fall ist. Dadurch können wir viel schärfere und besser lesbare Zeichen bieten“ erklärt Nobs. Tatsächlich hebt es sich von den gewohnten LCD-Displays deutlich ab.
Ventura bietet sich jetzt eine echte Chance auf ein Comeback. Mit dem unbestrittenen Topmodell der neuen Kollektion, der Sparc MGS, wurde eine Uhr geschaffen, die echtes Kultpotenzial hat. Mit einem vorgesehenen Verkaufspreis von rund 4500 Schweizer Franken ist sie kein Schnäppchen – aber echte Avantgarde in Kleinserie hat ihren Preis. Es wartet jedoch noch ein relevantes Problem auf Nobs, mit dem sich auch andere Nischenmarken schwer tun: Die richtigen Händler zu finden, die in der Lage sind, solche Uhren auch an die Endkunden zu bringen. Denn das beste Produkt nützt nichts, wenn der Vertrieb nicht stimmt. „Wir setzen auf ein Händlernetzwerk, das besitzergeführt und angetrieben von persönlichem Einsatz ist, mit einer grossen Begeisterung für spezielle und speziell schöne Uhren“ sagt Nobs dazu. Wenn er diese in ausreichender Anzahl findet, könnte die „Phönix aus der Asche“-Geschichte für Ventura am Ende doch noch gut ausgehen.
Die Funktionsweise des Micro Generator Systems
Der Rotor (1) wird durch die Bewegungen des Trägers in Schwingungen versetzt. Über das Wechselgetriebe (2) werden die Schwingungen auf die Feder, auch Barillet genannt, (3) übertragen. Das Barillet treibt einen Mikrogenerator (4) an, der 17’000 mal am Tag mit Funken (den „Sparcs“) Energie generiert, die im Akku (5) gespeichert wird. Dieser Akku speist dann das Werk und damit auch das LCD-Display (6).
v-tec Alpha II – The next generation
Legitimer Nachfolger einer Ikone: Die v-tec alpha II übernimmt die Formensprache der Vorgängerin, ist aber deutlich grösser geworden. Neu zeigt das Display in der oberen Zeile die Zeit wesentlich grösser an.
Auch im schwarzen Durinox-Gehäuse macht die Ventura v-tec alpha II eine gute Figur.
Hier finden Sie ein Video zur Entwicklung und Geschichte der neuen Generation ventura-Uhren: