Der Winterthurer Erfinder Heinz Mutter bringt mit seiner Firma ChronArte Uhren auf den Markt, die sich radikal von den herkömmlichen Uhren unterscheiden – sie zeigen die Zeit als wachsende Fläche. Zwei Modelle sind zur Zeit erhältlich: die „Quadra“ mit textilen Bändern und die „Canna“ mit Wassersäulen.
Ein langweiliger Winterferientag vor bald zehn Jahren, kein Schnee auf den Pisten. Der Winterthurer Maschinenbauingenieur Heinz Mutter geniesst in seinem Feriendomizil die Musse und betrachtet lange Zeit eine Wanduhr. Eine herkömmliche, rund und mit drei Zeigern.
Sein Résumé: Seit hunderten von Jahren funktioniert die Zeitanzeige mit Zeigern oder Scheiben – aber immer rund. Die Systeme wurden zwar enorm perfektioniert, aber immer ist eine Achse der Ausgangspunkt. Eine Anzeige, die nicht nur zeigt, was war, sondern auch, was kommen noch wird, das schwebt Mutter vor, eine laufend wachsende Fläche.
Die Grundidee der Matrix-Anzeige in verschiedenen Segmenten kristallierte sich nach einem langen Denkprozess als Lösung für Mutters Denkansatz heraus.
Während einer langen Berufskarriere in der Industriestadt Winterthur entwickelte Mutter immer wieder neue Produkte oder einzelne Detaillösungen. Für Textilmaschinen oder hochpräzise Messinstrumente – was in der Industrie eben so ansteht.
Solide, technisch zuverlässig und wartungsfrei müsste die Konstruktion für seine neue Uhr sein. Basierend auch auf möglichst vielen andernorts in der Industrie eingesetzten Standardkomponenten und Verfahren, die einfach zu beschaffen sind. Die Lösung bestand schliesslich darin, textile Bänder über zwei Rollen zu führen, für jede Stunde eines – eine Art Förderband für Minuten. Diese „Zeitbänder“ sind zweifarbig. Ein Teil ist weiss, der andere in einer Kontrastfarbe wie rot, blau oder grün – oder auf Wunsch in der Farbe des Corporate Design einer Firma. In Minutenschritten werden nun die Bänder weiterbewegt und füllen so von unten nach oben langsam das Bild der vergangenen Zeit aus. Nach einer Stunde beginnt der farbige Teil des nächsten Bandes im Fenster zu erscheinen und wächst innert einer Stunde bis an den oberen Rand. Und so weiter. Sind die 12 Stunden voll, ziehen sich alle 12 Bänder gleichzeitig innert 40 Sekunden wieder an ihren Ausgangspunkt zurück.
Nach Festlegen dieses Konstruktionsprinzips begann die eigentliche Knochenarbeit des Entwickelns. Hier profitierte der passionierte Ingenieur von seiner jahrelangen Erfahrung und seinem Netzwerk von Spezialisten. Steuerung, Komponenten- und Materialwahl, Kalkulationen, ausgiebige Tests.
Wie bei jeder Entwicklung steckte der Teufel im Detail. So war beispielsweise die Minimierung des Energieverbrauchs für den Batteriebetrieb eine grosse Knacknuss. Beträchtliche Probleme stellten sich auch in der Einfärbung der textilen Bänder: Kein Lieferant war in der Lage, die gewünschten Qualitäten zu liefern. Mutter liess sich aber nicht unterkriegen und experimentierte so lange selber mit Textilfarben, bis er mit den Resultaten zufrieden war. Mit dem Nebeneffekt, dass er nun auch hier „100% autonom“ ist – Mutter vermeidet wo immer möglich Abhängigkeiten von einzelnen Lieferanten.
ChronArte heisst unterdessen seine Firma. „Zu hundert Prozent eigenfinanziert“ wie er betont. 2003 lanciert er das Modell Quadro. 50 x 50 cm gross ist sie ein fantastisches Objekt, das an einer Wand die Blicke auf sich zieht. Ein edler Rahmen aus Aluminium, und neu auch aus Schiefer umrahmt das „Zeitfenster“.
Gesteuert wird die Uhr von einem Funkmodul – dadurch ist sie stets genau und passt sich vor allem automatisch der Sommer- und der Winterzeit an. Möglich ist es auch, zwei Uhren nebeneinander aufzuhängen und somit eine 24-Stunden-Uhr zu erhalten. Die erste zeigt die Zeiten von 1 -12, die zweite die von 13 – 24 Uhr an.
Das System der linearen Zeitanzeige lässt den 60jährigen Mutter nicht mehr los. Canna heisst sein zweiter Streich, bei dem wesentliche Erkenntnisse aus der Quadro eingeflossen sind. Dieses „Zeitanzeigeobjekt“ besteht aus 12 Plexiglasrohren, die eines nach dem anderen mit eingefärbtem Wasser aufgefüllt werden. Um 12 Uhr mittags oder um Mitternacht leeren sich dann alle Rohre und das Spiel beginnt von vorne.
Noch sind Mutters ChronArte-Uhren erst an wenigen Orten zu kaufen. Uhrsachen ist einer der ersten Händler in der Schweiz. „Wir bauen zur Zeit ein Vertriebsnetz auf, wollen aber in vernünftiger Geschwindigkeit wachsen – nur so können wir die Qualität und Langlebigkeit der Produkte sicherstellen“ meint der alte Hase und „Jungunternehmer“.